Delphi

Ziel der Delphi - Methode ist zukünftige Entwicklungen aufgrund der Einschätzung und des Wissens mehrerer Experten zu überprüfen und zu diskutieren, sodass Maßnahmen zur Unterstützung oder Verhinderung dieser Entwicklungen gesetzt werden können. Dabei soll ein Konsens zustande gebracht werden.

Der Name Delphi ist entstanden, weil in gewisser Weise ein Orakel befragt wird: Es werden Fragen in den Raum geworfen, die gegebenen Antworten bleiben anonym. Anwendungsfelder von Delphi sind die Einschätzung zukünftiger Entwicklungen, die Bestimmung einzusetzender Bewertungskriterien und Standards oder die Ideenabfrage.

Grundsätze eines Delphi

  • Experten werden befragt, indem man sie zu einem Expertenpanel formiert.
  • Die Befragung erfolgt schriftlich, die Auswertung erfolgt statistisch.
  • Es wird ein Koordinator eingesetzt.
  • Grundsatz der Anonymität: Die Experten wissen nicht, wer dem Panel angehört, denn das Panel kommt nie an einem Ort zur selben Zeit zusammen. Dies verhindert Absprachen.
  • Grundsatz der kontrollierten Rückkopplung: Die Ergebnisse werden statistisch ausgewertet und den Experten zwecks erneuter Stellungnahme zugeschickt. Die Runden können mehrfach wiederholt werden, bis erwartet werden kann, dass die Meinungsäußerungen stabil sind.

Ablauf eines Delphi

1Festlegen der TeilnehmerKriterium: Sachkompetenz, Fachkompetenz, Interdisziplinarität
2Gliederung des Themas und Aufbereitung für die Befragung                   Bei Bewertungen ist Vorstrukturierung nötig, um auswerten zu können. Bei Ideensammlungen ist dies weniger wichtig.
3Aufbereitung und Layout des Fragebogens 
4Erste Befragungsrundeliefert Ausgangsmaterial, auf Bewertungsfragen sollte möglichst verzichtet werden
5Auswertung und AufbereitungFragebogen für die zweite Runde erstellen
6Zweite BefragungsrundeAnfordern von Bewertungen zum Material aus der ersten Runde, dazu Klassen bilden
7Statistische AuswertungBilden von Median und Quartilabstand
8Dritte Befragungsrundeauf der Basis der Ergebnisse der zweiten Runde, ggf. auch nur mit den Fragen, bei denen noch kein Konsens erzielt wurde, die Experten sollen ihre Antworten überdenken und ggf. revidieren (Opinion feed back)
9Auswertung 
10Weitere BefragungsrundenZiel: Konsens erzielen, ggf. Versuch der präziseren Fragestellung
 

Median und Quartilabstand

Median und Quartilabstand sind statistische Maßzahlen für ordinal skalierte Messgrößen.

Der Median gibt den mittleren Wert an, d. h. innerhalb einer Stichprobe liegen genauso viele Werte oberhalb des Medians wie unterhalb. Beispiel beim Delphi: Es bewerten zum Beispiel 11 Experten, die Einzelbewertungen werden aufgereiht und der sechste Wert in der Reihe liefert den Median.

Der Quartilabstand gibt die Streuung bei Ordinalskalen an. Dazu wird ein unterer Quartilwert ermittelt, über dem drei Viertel der Werte liegen, und ein oberer Quartilwert, unter dem drei Viertel der Werte liegen. Damit umfasst der Quartilabstand die Hälfte der Werte. Hiermit kann gemessen werden, wie einig sich die Experten sind, wobei die Extrembewertungen ausgeklammert werden. Ein weiter Quartilabstand signalisiert große Streuung und damit Uneinigkeit, eine kleine relative Einigkeit.

Vorteile der Methode

  • Die Methode ist billig.
  • Der Meinungsaustausch geht ohne negative Gruppeneinflüsse vonstatten.
  • Jeder Experte hat dieselbe Chance sich zu artikulieren.  
  • In den Folgerunden besteht die Möglichkeit zu lernen und zu revidieren.
  • Die Anonymität erleichtert unkonventionelle Vorschläge.

Nachteile der Methode

  • Die Expertenauswahl kann zu Verzerrungen führen; dadurch hat der Koordinator eine große Verantwortung.
  • Zeitaufwand: Erstellung der Fragebögen, Verschicken per Post und Warten auf Antwort dauern relativ lange. Dem kann man bei Panels, die mithilfe vernetzter Computer arbeiten, ab Runde 2 abhelfen. Der Fragebogen wird dann über das Internet verteilt, die eingehenden Ergebnisse in Datenbanken gespeichert. Sobald die letzten Daten eingegangen sind, können Median und Quartilabstand berechnet und sofort zurück an die Experten gegeben werden. So wäre eine (immer noch anonyme) Delphi-Konferenz zu gestalten, auf der natürlich mehr Runden und Diskussionen über Chat-Software möglich sind.
  • Sterilität: Es fehlen kreative Anreize, weil die Diskussion wegfällt, die Fragebogenauswertung ist kein Ersatz für Diskussion.
  • Fluktuation: Während des Verfahrens können Experten aussteigen, weil sie keine Zeit mehr haben, weil sie mit dem Ablauf nicht einverstanden sind oder weil sie eine Minderheitenposition vertreten. Fällt ein bestimmter Expertentypus dadurch weg, entstehen systematische Fehler.
  • Das Delphi leidet wie jede Art der Umfrage unter Fragebogen-Problemen wie Suggestivfragen, Mehrdeutigkeit und begrenzte Antwortmöglichkeiten. Dadurch kann wichtige Information unterdrückt oder das Ergebnis in eine bestimmte Richtung gelenkt werden.
  • Konsens ist noch kein Beweis für Richtigkeit der Ergebnisse; auch eine Mehrheit kann irren.

Quelle

Fürst, Dietrich & Scholles, Frank (Hrsg.) (2008): Handbuch Theorien und Methoden der Raum- und Umweltplanung, 3. Auflage, Dortmund.